08. November 2017

Reformation als Zeit des Umbruchs in Europa

Vortrag Prof. Dr. Dr. Peter Antes

 

Ausgangspunkt des Vortrages am 8. November 2017 war die Feststellung, dass bei vielen Veranstaltungen zum Lutherjahr der Eindruck entstanden ist, die Reformation beschränke sich auf Luther und seinen Thesenanschlag, die europäische Dimension der Reformation als Zeit des Umbruchs in Europa wurde dabei meist übersehen.

Der Umbruch war bedingt durch eine Reihe von Ereignissen, die auf Veränderungen drängten. Der Humanismus eröffnete einen neuen Zugang zu den griechischen und hebräischen Quellen des Christentums, der Buchdruck sorgte für schnelle Verbreitung von Erkenntnissen, die Entdeckung Amerikas führte durch den Import überseeischer Güter zu drastischen Preissenkungen, eine zahlenmäßig stark anwachsende Bevölkerung bewirkte eine Zunahme der Arbeitslosigkeit, das aufstrebende Bürgertum in den Städten brachte die alte Ständeordnung mit Adel und Bauern ins Wanken, steuerliche Belastungen trieben die Bauern auf die Barrikaden, Kaiser und Papst wollten immer mehr Geld, und die Angst vor dem Tod und der Verdammnis in die Hölle führten in der Volksfrömmigkeit zu verstärktem Interesse an Ablasskäufen und Reliquienverehrung. Hinzu kamen Bedrohungen durch Kriege, vor allem den zwischen Frankreich und dem Reich der Habsburger sowie die kriegerische Bedrohung durch die Türken. Baueraufstände und das Verlangen nach größeren Freiheiten waren die Folge. Auch die Fürsten schlossen sich diesem Streben nach Freiheit an.

In Deutschland trat Martin Luther (1483-1546) als Reformator auf, in der Schweiz Huldrych Zwingli (1484-1531) und der Franzose Johannes Calvin (1509-1564) und im Elsass Martin Bucer (1491-1551), um nur die wichtigsten zu nennen und zu zeigen, dass es sich bei der Reformation nicht nur um ein deutsches Phänomen handelt. Hinzu kommt reformatorisches Gedankengut in Grußbritannien und den Skandinavischen Ländern, so dass klar wird, ganz Westeuropa wird durch die Reformation religiös in zwei Lager gespalten: ein katholisches und ein protestantisches.

Im Rückblick war all dies nicht nur eine Erfolgsgeschichte: es gab Verfolgungen der Wiedertäufer und von Vertretern der Freikirchen (z.B. die Pilgrim Fathers, Herrnhuter Brüdergemeine, Mennoniten); es gab Religionskriege (insgbesondere der 30-jährige Krieg von 1618-1648), es  gab Verwerfungen auf allen Seiten, Intoleranz und viel persönliches Leid bis in die Kernfamilien hinein. Die angestrebte Freiheit wurde somit auch durch viel Blut und Märtyrertum erkauft.

Prof. Dr. Dr. Peter Antes

   
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