13.11.2019 

Besuch im Niedersächsischen Landesmuseum

 

Als die Römer frech geworden…

 

Römer und Germanen in Niedersachsen

 

  1. Römische Expansion und die Varusschlacht

Kaiser Augustus plant die Elbe als Grenzfluss des römischen Reiches zu Nutzen. Unter Drusus erreichen die Römer auch Niedersachsen. In Hedemünden wird nach 12.v.Chr. ein Legionslager angelegt. Die äußere Form ist ungewöhnlich, die Lage an der Werra aber strategisch sehr gut gewählt. Von hier ließ sich über das Leine Tal das Mittelgebirge durchqueren und in der Folge auch die Elbe 9. v. Chr. erreichen. Die militärische Ausstattung aus dem Lager in Hedemünden, Dolche, Schuhnägel der Soldatenstiefel, Sklavenfesseln, Zeltheringe und das Schanzgerät der römischen Soldaten – die Dolabra sind in der Ausstellung zu sehen. Im Jahr 6. n. Chr. übernimmt Arminius eine Auxilliartruppe in Germanien. Er war als cheruskische Geisel in Rom gewesen und dort militärisch ausgebildet worden. Es gelingt ihm eine kurzfristige Kooperation der unterschiedlichen germanischen Stämme zu organisieren und drei römische Legionen unter Varus in einen Hinterhalt zu locken und zu vernichten. Zeugnis von dem Schlachtgeschehen ist in Kalkriese bei Osnabrück archäologisch fassbar.

 

  1. Kommerzieller Kontakt – Kulturelle Beeinflussung

Der Rhein wird 14 n. Chr. von Tiberius als Grenze des römischen Reiches festgelegt – der Handel mit den Bewohnern des „freien Germaniens“ beeinflusst aber trotzdem die Entwicklung in Niedersachsen. Die Herausbildung einer Oberschicht wird in der Siedlung Feddersen Wierde an der Nordseeküste fassbar. Neben den üblichen Wohnstallhäusern, Speicherbauten und Grubenhäuser entwickelt sich dort ein Hof zu einem handwerklichen Zentrum mit einem Zentralgebäude ohne Stallteil. Die Bewohner dieses Gebäudes betrieben keine Agrarwirtschaft mehr, sondern beschäftigten Handwerker auf ihrem Gelände.

 

Auch in den Gräbern lässt sich die Herausbildung einer eng mit Rom vernetzten Oberschicht nachweisen. Deutliche Belege finden sich in den sogenannten „Fürstengräbern“. Hier werden die Toten nicht wie üblich verbrannt, sondern in einem Sarg, einer Grabkammer mit reicher Ausstattung an römischen und z.T. auch skandinavischen Import bestattet. Diese Bestattungssitte ist in Marwedel nachweisbar. Neuere Untersuchungen zeigen aber, dass auch sehr reiche Brandgräber existierten. In Grethem an der Aller sind reich ausgestattete Frauenbestattungen fassbar, die z.T. deutlich mehr römischen Import in Form von Glasgefäßen, Edelmetallen und Metallgefäßen enthielten. Leider kamen die Beigaben mit auf den Scheiterhaufen und sind daher nur in verschmolzenen Resten und ihrem Gewicht nachweisbar.

 

Die aus dieser Zeit stammenden Moorleichen sind ein weiteres Beispiel für besondere Bestattungssitten. So sind die jungen, vermutlich aus der Oberschicht stammenden Herren von Hunteburg in ihre Mäntel eingewickelt im Moor niedergelegt, der Rote Franz nach seiner gewaltsamen Tötung ebenfalls im Moor bestattet. Aus welchem Grund die Tötung und Niederlegung im Moor stattfand ist in der Forschung noch umstritten. Moore sind in der Zeit Opferplätze, Menschenopfer auch nicht unüblich. Es kann sich aber auch um Opfer von Straftaten oder bestrafte Menschen handeln.  

 

  1. Germanen in Bewegung – vom Dienst im römischen Heer bis zur Völkerwanderung

Die Schlacht am Harzhorn – 235 n. Chr. unter Maximinus Trax – belegt, dass die Römer aber nicht nur friedliche Handelskontakte mit den Germanen jenseits der Grenzen pflegten. Es kam im 3. Und 4. Jh. n. Chr. immer häufiger zu Auseinandersetzungen zwischen Germanen und Römern. In der Zeit dienen allerdings auch viele Germanen im römischen Heer, werden Germanen auf Römischen Reichsgebiet als „Schutzwall“ gegen die immer wieder auftretenden Überfälle der rechtsrheinischen Stämme angesiedelt, werden Anführer rechts des Rheins mit reichen Geschenken dazu bewegt, nicht ins römische Reich einzufallen. Dies lässt sich an den Schatzfunden von Lengerich zeigen. Hier wurde in einem Hort aus römischen Münzen und Schmuck unter anderem auch eine goldene Zwiebelkopffibel niedergelegt, die im römischen Reich nur von den höchsten Militärs getragen werden durfte. Die Verbreitung der römischen Militärgürtel in den Gräbern des „freien Germaniens“ zeigen zudem wie beliebt der Arbeitsplatz in der römischen Armee bei den Germanen war.

 

375 n. Chr. beginnt die Phase der Völkerwanderung mit dem Einfall der Hunnen ins Römische Reich, 476 n. Chr. wird der letzte römische Kaiser von den Germanen abgesetzt.

 

Regine Tuitjer