10. Juli 2019

Führung in der Weberei Steinhude

 

Viele, verschieden gestimmte Saiten geben erst Harmonie.

Joseph von Eichendorff (1788 - 1857)

 

Sie sind selten geworden aber es gibt sie, die perfekten Tage im harmonischen Einklang der Vielstimmigkeit – unser gemeinsamer Ausflug nach Steinhude gehört dazu. „Besichtigung der Weberei in Steinhude“ stand für den 10. Juli 2019 auf dem Programm und hinter dieser scheinbar lapidaren Einladung verbarg sich einer dieser besonders schönen Tage, von dem ich ein wenig berichten und das kollektive Gedächtnis unterstützen möchte.

 

Nasskalt und regnerisch waren die Tage zuvor und uns beschäftigte die sorgenvolle Frage: Wie wird das Wetter? Es zeigte sich perfekt an diesem Tag und mit zarten 22 Grad sowie einem ausgewogenen Sonne- und Wolkenmix verursachte diese Wetterlage schon zu Beginn eine gewisse Hochstimmung bei uns allen. Die beste Voraussetzung für einen gelungenen Ausflug.

 

Zwei Behindertenfahrzeuge des ASB waren pünktlich zur Stelle, um die erfreulich hohe Zahl an Teilnehmenden ans Ziel zu bringen. Und trotz mancher Beschwernis beim Arretieren der Rollstühle, tat das der deutlich spürbaren sozialen Harmonie keinen Abbruch. Die gute Stimmung in den Fahrzeugen während der einstündigen Fahrt auf dem Landwege, legte sich wie Morgentau auf unsere Gemüter. Schließlich erreichen wir unser Ziel, die Weberei in Steinhude.

 

Ich war einigermaßen verblüfft über das, was uns da erwartete: Nämlich die älteste Weberei Deutschlands, gegründet 1765 und seitdem in Familienhand, nunmehr in der neunten Generation. Als Hannoveraner war ich schon oft am Steinhuder Meer, aber dieses einmalige Kleinod war mir bisher entgangen. Ich war sofort fasziniert und in den Bann genommen von diesem Ensemble, bestehend aus Fabrik, Museum und Café.

 

Schließlich versammelten wir uns zur Betriebsbesichtigung: Eine freundliche Dame führte uns herum und es war sehr faszinierend, in die Geschichte des Unternehmens einzutauchen.

 

Ich muss allerdings zugeben, dass mein Geist immer wieder abtauchte in meine innere Gedankenwelt. So musste ich an Gerhard Hauptmanns Bühnenstück „Die Weber“ denken und daran, dass ich in einer Fabrik stand, die es zur Zeit der Aufstände der Weber im Jahre 1844 schon gab und auch die Kinderarbeit war in diesem Betrieb damals noch selbstverständlich.

 

„Schneller als ein Weberschiffchen sausen meine Tage dahin...“ (Hiob,7,6) schoss es mir durch den Kopf, als eine der 15 Webmaschinen angeworfen wurde. Beim Betrachten des rasenden Hin- und Her des Weberschiffchen begann ich diesen Bibelvers unwillkürlich zu meditieren. „Klein aber fein“ - dieser Gedanke drängte sich mir auf als wir die Ergebnisse der Webarbeiten betrachten konnten. So konnten wir bewundern: Edle Textilien für den Heimbedarf wie auch für die Hotellerie und Gastronomie. Feine Servietten und Geschirrtücher bis hin zu Tischdecken und Bettwäsche - alles hier in Steinhude, zum Teil nach alten Mustern, gewebt.

 

Im wunderbaren Ambiente des hauseigenen Webercafes, fanden wir Gelegenheit zum Gedankenaustausch und Stärkung von Leib und Seele.

 

Das üppige Angebot an Bauernkuchen machten es schwer, eine Entscheidung zu treffen. Wir waren uns aber einig, dass man in keinem Fall eine falsche treffen konnte.

 

Ein Fest für die Sinne war auch der Gang an den Auslagen vorbei, im Fabrikverkauf.

 

Wunderschöne Servietten, Tischdecken, Geschirrtücher und mehr, machten es nahezu unmöglich, die Geldbörse geschlossen zu halten. Ich selbst entschied mich für Geschirrtücher, als Mitbringsel.

 

Es war nicht ganz einfach, unsere Ausflugsgruppe von 14 Personen für den abschließenden Spaziergang wieder zusammenzubringen, denn einige waren immer noch im Bann dieses außergewöhnlichen Ortes. Der Spaziergang führte uns dann an das für viele vertraute Steinhuder Meer. Ob einzeln und in Gedanken versunken oder gemeinsam im Gespräch, den Wind spürend und den Blick über das Meer schweifend neigte sich der Tag dem Ende zu. Im Gepäck hatten wir auf der Rückfahrt einen perfekten Tag, mit vielen zu einer Harmonie gestimmten Seiten.

 

Vielen Dank dafür.

Roland Suppa

   
© MSE Hannover