Vortrag am 8. 2. 2017

Die Reformation in Hannover. Ein Sonderfall

 

Dem Vortrag ging eine Kaffeetafel voraus, mit vorzüglichem Kuchen, der dankenswerterweise von Frau Schindler anlässlich ihres Geburtstags spendiert worden war.

 

Die Veröffentlichung der gegen den Ablasshandel gerichteten 95 Thesen Martin Luthers am 31. Oktober1517 gilt allgemein als der Beginn der Reformation, steht also für die Geburtsstunde des Protestantismus. Nicht nur in Deutschland, weltweit wird 2017 der 500. Wiederkehr dieses Tages gedacht.

 

Der konfessionelle Wandel ist in einigen südlichen und westlichen Landesteilen des Heiligen Römischen Reiches von heftigen politischen und sozialen Unruhen (Bauernkriege, Wiedertäuferreich u. a.) begleitet worden. Anders im heutigen niedersächsischen Raum, wo die Reformation nahezu lautlos Einzug gehalten hat. Einzige Ausnahmen waren Göttingen, Lüneburg, vor allem aber Hannover.

 

Hier, in der größten Stadt des Fürstentums Calenberg-Göttingen, ist die Einführung der Reformation in der Tat von z. T. heftigen Unruhen begleitet worden. Ausgangspunkt war der Wunsch nach größerer politischer Teilhabe jener Bevölkerungsteile, die bislang nicht am Stadtregiment beteiligt waren. Hingegen hatte das von dem streng katholischen Landesherrn unterstützte städtische Establishment durch die Reformation nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren.

 

Die Konfrontation sollte vor allem in den 13 Monaten zwischen August 1532 und September 1533 dramatische Formen annehmen. Der alte Rat wurde in dieser Zeit von immer neuen – nicht nur religiösen, sondern auch politischen und sozialen – Forderungen regelrecht überschüttet. Zum spektakulären Höhepunkt kam es am 26. Juni 1533: Die unter Führung Dietrich von Arnsborgs, des Wortführers der Meinheit (d. h. der nicht zunftgebundenen und nicht zur Kaufmannschaft gehörenden Bürger), auf dem Marktplatz versammelten Bürger schwuren, künftig geschlossen zur Lehre Martin Luthers zu stehen. (Der Schweizer Maler Ferdinand Hodler hat dieses Ereignis  in seinem „Einigkeit“ genannten Gemälde festgehalten, das anlässlich der Einweihung des neuen Rathauses entstanden ist und heute im sog. Hodler-Saal besichtigt werden kann.)

 

Als prägnanter Ausdruck der Niederlage des alten Rats darf im September 1533 die Flucht seiner Mitglieder in das benachbarte, damals noch streng katholische Hildesheim gelten. Die am 26. 4. 1534 erfolgte Rats-Neuwahl bedeutete schließlich das Ende des alten Ratsregiments. Drei Monate nach dieser Neuwahl wurden die immer noch in Hildesheim ausharrenden „alten“ Ratsherren amnestiert. Nachdem sie sich im Gegenzug zur Anerkennung der neuen Lehre verpflichtet hatten, durften sie am 1. August 1534 nach Hannover zurückkehren.

 

Kirchenrechtlich wurde die Reformation in Hannover 1536 durch die Kirchenordnung des Reformators Urbanus Rhegius abgeschlossen.

 

Barbara Mlynek

 

   
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